Werkstatt

Wie ist der bauliche Zustand des Mäusebunkers, welche Potenziale birgt er und welche Eingriffe in die denkmalwerte Substanz sind nötig und möglich?

Glossar der baulichen Realitäten

Die Realitäten und Potenziale des Bestands

In den Werkstätten zum Modellverfahren Mäusebunker werden vielschichtige und komplexe Untersuchungen zum architektonischen und denkmalwerten Bestand, zum städtebaulichen Kontext und Bedarf diskutiert und bewertet.

In der ersten Werkstatt wurden im Schwerpunkt die baulichen und denkmalwerten Parameter für die Umgestaltung des Mäusebunkers zusammengefasst.

Die Erkenntnisse daraus zeigen die Realitäten und Potenziale des Bestands und werden hier in Form eines Glossars benannt, das laufend fortgeschrieben wird.

Abluftschächte

Die bestehenden Abluftschächte der originalen Haustechnik können, zusammen mit den Belüftungsrohren, benutzt werden, um eine natürliche Belüftung des Inneren zu gewährleisten. Dabei muss die zulässige maximale Anzahl von Menschen beachtet werden, die sich in den unterschiedlich gut belüfteten Räumen aufhalten dürfen.  

 

Abschnitte

Der Mäusebunker ist in fünf – im Grundriss ungefähr gleichlangen – Abschnitten gebaut. Diese sind statisch und brandschutztechnisch voneinander unabhängig und können auch mit geringem Aufwand einzeln erschlossen werden. Lediglich der Abschnitt vor dem Abschnitt, der das Gebäude im Süden abschließt, verfügt über kein eigenes Treppenhaus. Es muss geprüft werden, ob im Brandfall alle Abschnitte genügend Fluchtwege aufweisen. Die Abschnitts-Struktur ermöglicht methodisch-technisch unterschiedliche Eingriffe und Nutzungen. Sie können auch zeitlich versetzt bearbeitet/entwickelt werden.

 

Belüftungsrohre

Die Technikgeschosse, die mit den Nutzgeschossen alternieren, werden in der Außenfassade sichtbar, da die einzigen hier befindlichen Öffnungen der Fassade die blau gestrichenen Lüftungsrohre der mechanischen Vollklimatisierung sind. Zusammen mit den Abluftschächten können diese Rohre Teil eines natürlichen bzw. hybriden Belüftungssystems werden.

 

Dark Heritage

oder passender: „unbequemes Kulturerbe“. Das ethische Dilemma bei Tierversuchen – also das Leiden der Versuchstiere in Kauf zu nehmen, um Wissen zu generieren, das menschliches Leid zu lindern hilft – wurde immer schon thematisiert, wenngleich die öffentliche Kontroverse darüber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts enorm zugenommen hat. Jedoch scheint im Mäusebunker noch etwas Allgemeineres zum Monument geworden (Denkmalwerte): nämlich ein instrumenteller oder extraktionistischer Zugriff auf die natürliche Umwelt, der sie einzig als Ressource zum menschlichen Wohl oder Fortschritt ausbeutet. Dieser „unbequeme“ Grundpfeiler der Moderne wird heute unter Stichworten wie Anthropozän, Kapitalozän oder Technosphäre u.a. problematisiert.

 

Denkmalwerte

Das Gebäude der Architektengemeinschaft Gerd und Magdalena Hänska zeichnet sich durch eine Einheit von Funktionalität und Zeichenhaftigkeit aus, die ihm einen besonderen künstlerischen Wert verleiht. Es stellt ein beeindruckendes Denkmal der technikgläubigen Moderne dar. Im Ensemble mit dem Institut für Hygiene und Mikrobiologie (Fehling und Gogel) zeigt die Architektur eine kontrastierende brutalistische Gestaltungsauffassung. Die Bauten dokumentieren die Bedeutung der Sektoren Wissenschaft und Forschung für den Ressourcenaufbau West-Berlins im Kalten Krieg.

 

Decken

Die Decken über den Technik- und Nutzgeschossen ermöglichen mit kalkulatorischen Nutzlasten von 5 resp. 7,5 kN/m2 ein relativ breites Nutzungsspektrum. Andererseits schränkt die geringe lichte Höhe von 2,25 m die Nutzbarkeit der Technikgeschosse stark ein. Das System der im Gebäude quer durchlaufenden →Schotten gewährleistet, dass die Traglasten über verschiedene Pfade abgeführt werden können (die ggfs. ertüchtigt werden müssen). Dadurch ist möglich, die Decken zu entfernen und andere Raumtypologien zu entwickeln.

 

Erschließung

7 Treppenhäuser und 6 Aufzüge gewährleisten eine vertikale Erschließung von vier der fünf Abschnitten des Gebäudes. Der vom Norden aus gesehene vierte Abschnitt verfügt über kein eigenes Treppenhaus. Bei interner Trennung der Abschnitte bleibt zu prüfen, ob die Fluchtwege im Brandfall genügen und wie hoch der Aufwand der Erschließung von außen ist, einschließlich der Auswirkung auf den Denkmalwert der →Fassade und Kubatur.

 

Fassade

Die Fassade besteht aus geschosshohen, vorgefertigten, kerngedämmten Stahlbeton-Sandwich-Platten, die auf herausbetonierte Konsolen gestellt wurden und deren Lage mittels Winkel gesichert wird. Die Fassadenwände sind in Längsrichtung und am Kopfbau auch auf der Schmalseite um 18,5° aus der Senkrechten geneigt. Ihre Gestalt wird an den Längsseiten geprägt von tetraederförmigen, nach Norden orientierten Gauben mit Fenstern in den Nutzgeschossen und von blauen, auskragenden Belüftungsrohren in den Technikgeschossen. Zwischen den Paneelen besteht eine waagrechte Fuge, die aus heutiger Sicht eine unerwünschte Wärmebrücke sowie eine potenzielle Schwachstelle in der Resilienz der Fassade darstellt.

 

Fenster

Der hermetisch wirkende Baukörper wird am Kopfbau von großformatigen Fenstern durchbrochen, an den Seitenwänden der →Fassade in den Nutzgeschossen befinden sich tetraederförmige Gauben, in deren Nordseiten nicht zu öffnende Fenster sitzen. In den außen liegenden Treppenhäusern befinden sich außerdem wenige kleine quadratische Fenster. An der Westseite wurden 1986 zwei und an der Südfassade vier zusätzliche längsrechteckige Fenster eingebrochen.

 

Gründung

1971 wurden 1.300 Spannbeton-Rammpfähle in das Schwemmland der Liegenschaft am Teltowkanal gesetzt und deren einzelne Gruppen durch Stahlbeton- Rostbalken verbunden. Die Belastbarkeit der Pfähle wurde vor dem Bau der Tiefkeller geprüft. Bei allen künftigen Eingriffen ist zu beachten, dass die Traglasten gleichmäßig auf diese Pfahlgründung abgeführt werden.

 

Schadstoffe

Im Gebäude sind die bauzeittypischen Schadstoffe Asbest, PAK, KMF und PCB verbaut. Die Hauptbelastung liegt in den technischen Einbauten der mechanischen Belüftung. Das Gebäude ist z.Zt. nur mit Schutzanzügen begehbar. Es ist zu prüfen, ob die Schadstoffe bei einer Umnutzung des Mäusebunkers im gleichen Maß (also total) beseitigt werden müssten – wie vor einem Abriss des Gebäudes. Die Übernahme der Kosten der Schadstoffbeseitigung bleibt vorerst unklar, sind aber als ohnehin anfallende Kosten zu sehen.

 

Tragwerk

Das Tragwerk des Stahlbetonbaus ist ein auf einer Pfahl Gründung errichteter Schottenbau. Dabei sind die fünf Abschnitte des Gebäudes in statischer Hinsicht voneinander unabhängig. Die Schotten sind in einem Abstand von 5,10 m gesetzt, vor den Trennwänden der Abschnitte beträgt der Abstand z.T. nur 2,60 m. In den Nutzgeschossen bestehen die Schotten aus 15 cm dickem Stahlbeton, in den Technikgeschossen werden sie als 1,50 m lange und 25 cm dicke, wandartige Stützen fortgeführt. Die Aussteifung wird in Längsrichtung von den Flurwänden der Nutzgeschosse gewährleistet. Quer wird das Tragwerk durch die zahlreichen Kerne (Treppenhäuser / Schachtanlagen) ausgesteift.

 

 

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